Positive Wirkung im Allgemeinen

Bereits früh in der Entwicklung zeigen Kinder grosses Interesse an Tieren. Das kann als Beleg dafür gelten, dass ein beinahe instinktives Interesse an der lebenden Natur zum Wesen des Menschen gehört (BiophilieHypothese, Wilson 1984). Es ist mittlerweile wissenschaftlich belegt, dass es Menschen in Anwesenheit von Tieren, besonders von Hunden, leichter fällt, zu anderen Menschen vertrauensvoll Kontakt aufzunehmen und dass sozialer Stress beim Menschen durch die Beschäftigung mit Tieren signifikant gedämpft wird (Beetz et al. 2011). Hunde können sich bei einem umsichtigen Einsatz auch im Unterricht in mehrfacher Weise positiv auswirken, zum Beispiel auf: • das soziale Klima in der Klasse • die Schulzufriedenheit von Schüler/innen und Lehrenden • die Empathiefähigkeit von Schüler/innen • deren Aggressionsverhalten (Kotrschal und Ortbauer 2003) und Stresspegel in verunsichernden Situationen • den allgemeinen Wissenserwerb, nicht nur für den Umgang mit Hunden. • die generelle Motivation für Schulbesuch und Lernen Gerade Kinder, denen es aufgrund traumatischer Erlebnisse in der eigenen Familie schwerfällt, anderen Menschen zu vertrauen, profitieren in Stresssituationen eher von der Präsenz eines Hundes als von der Unterstützung eines freundlichen Menschen oder eines Stoffhundes. Die Studie «Can dogs increase children`s attention and concentration performance? A randomised controlled trial» (Dr. Karin Hediger & Turner, 2014) belegt darüber hinaus, wie Hunde die Aufmerksamkeit von Kindern fördern können. Die positive Auswirkung von Hunden auf die Schüler/innen im Unterricht kann bisher nur teilweise theoretisch erklärt werden. Es wird jedoch angenommen, dass Hunde dazu beitragen eine sichere, angstfreie Atmosphäre im pädagogischen Setting sowie eine vertrauensvolle Schüler/innen-Lehrer/innen-Beziehung einfacher und schneller herzustellen. Beides sind wichtige Voraussetzungen für gelingendes Lernen. Menschen sind auf persönliche Beziehungen, Kommunikation und Berührungen angewiesen. Mit Hunden können soziale und personale Lernprozesse grundlegend gefördert und unterstützt werden – bei nahezu jedem Menschen sprechen sie Kompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit, Kooperationsbereitschaft, Verbundenheit, Selbstvertrauen und Selbstbeherrschung, wie auch Geduld, Rücksichtnahme, Erkennen und Akzeptieren von Grenzen an. Hunde sind für Kinder und Jugendliche (Menschen allgemein) sozial orientierte Interaktionspartner, die ihnen wertfrei gegenüberstehen. Sofern eine vertrauensvolle Beziehung aufgebaut werden konnte, verhalten sich Hunde dem Menschen gegenüber äusserst positiv zugewandt. Die Tiere reagieren direkt, ehrlich und überschaubar, wenn ihr Verhaltensvokabular verstanden wird. Voraussetzung dafür ist, dass Kinder frühzeitig einen achtsamen und respektvollen Umgang mit den Tieren erlernt haben. Als Modell dafür eignet sich die wertschätzende Interaktion zwischen Lehrperson und Hund. Gleichzeitig erleben die Kinder und Jugendlichen die hundeführende Lehrperson als vertrauenswürdig, kompetent und verlässlich (Lernen am Modell). Kinder erfahren im Umgang mit dem Tier und in der Reaktion des Tieres eine natürliche Bestätigung bzw. Korrektur ihres sozialen Handelns. Ihr Verhalten wird vom Hund unmittelbar gespiegelt (Otterstedt 2007). Soziale Handlungsstrategien können in entspannter Atmosphäre entwickelt und verfeinert werden. Kinder mit bewusst gestaltetem Tierkontakt zeigen jedenfalls gesteigerte Sozialintegration und Kontaktbereitschaft im Vergleich zu gleichaltrigen Kindern ohne Tierkontakt (Guttmann et al. 1983). Als positiv besetzte Interaktionspartner bieten Tiere den Kindern und Jugendlichen auch die Möglichkeit, schwierige Themen oder Gefühle über den „Mittler“ Tier unverbindlich zu artikulieren. Ausserdem haben Berührungen eine entspannende und verbindende Wirkung auf Mensch und Tier (Uvnäs-Moberg 1998) und kommen dem Bedürfnis nach Zärtlichkeit und Wärme entgegen (Krautwig 2003 in Otterstedt 2007). Belegt ist ebenfalls, dass meist schon die passive Präsenz eines Tieres beruhigend wirkt (vermehrte Oxytocinausschüttung). Durch die (Lern-)Erfahrungen mit Tieren werden ganz allgemein auch das soziale Bewusstsein und die soziale Verantwortung gegenüber Mitmenschen und der Natur im Sinne des Tier- und Umweltschutzes gesteigert und können eingeübt werden. Die positive Du-Evidenz des Hundes fördert die Empathie und kann zu vermehrter Friedfertigkeit anstossen.

Positive Wirkung im Schulsetting

Sich aufeinander einlassen, gemeinsam handeln, miteinander kooperieren und Verantwortung für einander wahrnehmen sind die Grundbausteine einer guten Beziehung (Bauer 2008). Erziehung und Lernen gelingen, wenn vertrauensvolle Beziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen entstehen (Largo 2010). Kinder und Jugendliche lernen wahrscheinlich dort besonders gerne und gut, wo sie Zuwendung erfahren. Das Tier orientiert sich an der Authentizität, den sozialen und emotionalen Kompetenzen eines Menschen. Schulnoten, Herkunft und dergleichen bewertet es nicht. In diesem Zusammenhang steigen auch die soziale Akzeptanz und der Zusammenhalt innerhalb der Klassengemeinschaft. Hunde reagieren zwar manchmal auf das Aussehen von Menschen, indem sie sie in gefährlich oder ungefährlich einstufen, gewöhnen sich aber in der Regel rasch an einen ungewohnten Umstand (z.B. auf sichtbare, körperliche Beeinträchtigung), sofern sie von der/m Halter/in richtig unterstützt werden. Unstimmigkeiten zwischen Schüler/innen, die im normalen Rahmen nicht verbalisiert würden, können unverfänglich über das Tier kommuniziert werden („Es ist dem Hund zu laut“, „Du kommst ihm zu nahe.“). Introvertierte Schüler/innen können dabei unterstützt werden aus sich herauszugehen. Schüler/innen mit externalisierten Verhaltensweisen motiviert das Tier zu mehr Sensibilität und verstärkter Impulskontrolle. Dies nicht zuletzt, da es den Kindern und Jugendlichen in der Regel viel leichter fällt auf ein geliebtes Tier Rücksicht zu nehmen als auf die/den unbeliebten Mitschüler/in oder die Lehrperson. Als Ergebnis nivellieren sich Verhaltensextreme innerhalb einer Klassengemeinschaft häufig, die Kinder sind aufmerksamer und ruhiger, und das Aggressionsverhalten sinkt (Monshi; Ortbauer 2002). Alle genannten Aspekte – ebenso wie das gemeinsame Lachen, wenn der Hund einmal Quatsch macht – verbessern nachweislich das Unterrichtsklima. Durch den Einsatz eines Hundes kann auch die hundeführende Lehrperson in einem anderen sozialen Zusammenhang wahrgenommen werden, da sie assoziativ eng an den Hund gekoppelt wird. Ihre oft beurteilende und kontrollierende Rolle verschiebt sich zu Gunsten der Wahrnehmung als zugewandte, fürsorgliche, aber auch konsequente Bezugsperson (Krautwig 2003 in Otterstedt 2007). Diese veränderte Einschätzung der Lehrperson kann helfen die emotionale Beziehung zwischen Schüler/innen und Lehrperson zu vertiefen und zu festigen. Schüler/innen werden entspannter und vertrauensvoller im Umgang innerhalb der Klasse und so auch oftmals offener für fachlich-sachliche Lerninhalte. Kognitive Anforderungen können in entspannter Atmosphäre deutlich besser gemeistert werden. Sowohl qualitativ als quantitativ (zeitlich) werden bessere Lernergebnisse erzielt. Aber nicht nur die Schüler/innen können ihre Lehrperson «anders» wahrnehmen, wenn ein Hund mit im Spiel ist, auch Lehrer/innen lernen ihre Schüler/innen möglicherweise aus verändertem Blickwinkel kennen. Auf der persönlichen, individuellen Ebene ist der Wunsch nach einem eigenen Tier ein wichtiger Nebenaspekt hundegestützter Projekte. Vielen Kindern wird dieser Wunsch nicht erfüllt, da manche Familien einer adäquaten Tierhaltung nicht nachkommen können oder wollen. Dadurch kommt dem Einsatz von Hunden in der Schule einerseits Vorbildwirkung und Aufklärungsarbeit bezüglich tiergerechter Haltung zu, wie Verantwortung, Versorgung, Verhaltensvokabular des Tieres, andererseits erlangen diese Tiere bei Schüler/innen mit Tierwunsch auch einen ganz besonderen emotionalen Stellenwert. (Text: VSHS Leitfaden “Hundegestützte Pädagogik in der Schule”)